Dr. Michael Bender

Forschungsschwerpunkte

Habilitationsprojekt

In meinem Habilitationsprojekt geht es um eine korpusgestützte Theorie des Kommentierens. In diesem Rahmen habe ich Konstruktionen und Register des Kommentierens im Sinne von retrospektiven (Re-) Kontextualisierungspraktiken in verschiedenen sozialen, medialen und situativen Kontexten untersucht (insbesondere Zwischenrufe im Deutschen Bundestag im Vergleich mit Reden in Plenardebatten, Kommentierungen in Wissenschaftsblogs, nach wissenschaftlichen Vorträgen auf Tagungen, aber auch z.B. in Theaterpausengesprächen). Besonders im Fokus stehen dabei grammatische Muster (z.B. der metakommunikativen Bezugnahme, (Diskurs-) Referenzierung, Reformulierung, Rekontextualisierung und Themensetzung), die ich vor dem theoretischen Hintergrund der gebrauchsbasierten Konstruktionsgrammatik analysiert habe. Methodisch habe ich quantifizierende korpuslinguistische und interpretative Annotations-verfahren kombiniert (unter dem Stichwort Korpushermeneutik).

Forschungsgebiete

  • Kommentieren, Kontextualisierung, sprachliche Perspektivierung (textpragmatisch / textsemantisch und gesprächslinguistisch)
  • textpragmatische Praktiken (insbes. in der Wissenschaftskommunikation und in wissenschaftlichen Texten, heuristische Textroutinen, sprachliche Praktiken und Empathie)
  • Terminologieentwicklung, Terminologiedynamik (insbes.in der Wissenschaftssprache, Fachsprache)
  • (digitale) Diskurslinguistik
  • digitale linguistische Methoden (insbes. korpuslinguistische Methoden, Annotationen in der linguistischen Pragmatik, Semantik und Diskursanalyse)
  • digital-linguistische Fachdidaktik
  • Nutzerforschung / Bedarfsanalyse zu digitalen Infrastrukturen/Werkzeugen/Forschungsumgebungen

Projekte

  • neues DFG / SNF-Projekt:
    Zwischen Erwartungshaltung und Empathie: Expertise-Aushandlung und Verständigungspraktiken in der Online-Wissenschaftskommunikation
    Ob die Wissenschaft die drängendsten Probleme der Gesellschaft lösen kann, wird gerade seit der Covid-19-Pandemie immer heftiger diskutiert. Dabei hat sich der Ton verschärft, die Gesellschaft wird als polarisiert wahrgenommen, die Konflikte erscheinen unlösbar. Es wird daher immer wichtiger, eine erfolgreiche Verständigung über gesellschaftliche Problemlagen, für die wissenschaftliche Expertise benötigt wird, zu ermöglichen – und zwar gerade über verschiedene Interessenslagen, Wissensressourcen und Sozialisierungen hinweg. Zahlreiche Wissenschaftler bringen sich daher kommunikativ in die öffentliche Debatte ein, u.a. über Wissenschaftsblogs, die es in besonderer Weise ermöglichen, sich breit und öffentlich auszutauschen und auch Bürger mit unterschiedlichem Vorwissen am Diskurs partizipieren zu lassen. Kommentare zu Blogposts, wie sie in reicher Zahl und thematischer Breite auf dem seit 2000 verfügbaren Wissenschaftsportal SciLogs vorliegen, zeigen, dass dabei beständig, und keineswegs nur sachlich, Aushandlungsprozesse von Expertise stattfinden. Konflikte entstehen hier, weil unterschiedliche Erwartungen an professionelle, mediale und soziale Rollen und damit verbundene kommunikative Praktiken herrschen, aber auch weil es an gegenseitigem Verständnis für die unterschiedlichen Positionen und Perspektiven in verschiedenen Rollenkonstellationen fehlt, z.B. im Experten-Laien-Spektrum. Empathie ist also ein Problemfaktor. Das Ziel des Projekts ist daher die linguistische Operationalisierung von Empathie-Phänomenen in systematischer Verbindung mit dem Konzept von Erwartung und reziproker Erwartungserwartung. Dies geschieht zum einen im Zuge einer soziopragmatisch in die Tiefe gehenden Analyse von Verständigungspraktiken in den Kommentarverläufen zu SciLog-Blogposts, die zur Aushandlung von Expertise dienen. Diese sollen durch qualitative Textannotation und die korpuslinguistische Detektion damit verbundener sprachlicher Muster systematisch beschreibbar gemacht werden. Die Tragfähigkeit der hypothesen- und korpusgeleitet entwickelten Kategorien und Indikatoren soll zudem mittels datengeleiteter algorithmischer Methoden unter Einbeziehung von Referenzkorpora auf ihre Validität und Übertragbarkeit überprüft werden. Schließlich sollen am Beispiel des im Korpus überproportional repräsentierten Klimawandel-Diskurses Einsichten über die Dynamik und den Wandel von Verständigungspraktiken unter dem transformatorischen Einfluss von gesellschaftlichen Krisen wie der Covid-19-Pandemie gewonnen werden. Ein besonderes Augenmerk des mit einem Mixed-Methods- Ansatz arbeitenden Projekts liegt darauf, welche Praktiken entscheidend für Erfolg oder Misserfolg in der Verständigung sind und welche diskursiven Momente in den Kommentarabläufen sensible Kipppunkte darstellen.
    Projektleitung: Michael Bender und Nina Janich (Darmstadt, DFG), Noah Bubenhofer (Zürich SNF)
    Projektlaufzeit: 2023 – 2026
  • abgeschlossene Projekte:
  • Humanist Computer Interaction on Trial (BMBF-Projekt): eHumanities-Consultant
  • Digitale Zugänge zu fachwissenschaftlichen Heuristiken (DIGIF) (Koordination)
  • Digitalität in den Fachdidaktiken (DFd) (Koordination)
  • ePoetics (Mitarbeiter, beendet)
  • DARIAH II (Mitarbeiter, beendet)
  • TextGrid I+II (Begleitforschung im Rahmen eines Doktorandenstipendiums der Universität Trier, beendet)