Mein Name ist Dilara Yildiz. Ich bin 24 Jahre alt und ich lebe ganz nach den Worten Goethes:
„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen.“
Derzeit befinde ich mich im achten Fachsemester meines Lehramt-an-Gymnasium-Studiums mit der Fächerkombination Deutsch und Biologie. Momentan bin ich dabei, meine wissenschaftliche Hausarbeit zu verfassen, um dann ein Auslandssemester in Slowenien zu absolvieren.
In diesem Beitrag möchte ich gerne von meinem vergangenen Auslandspraktikum in Katar berichten. Im Rahmen der Schulpraktischen Studien II (SPS II) verbrachte ich meine vier Wochen des Pflichtpraktikums an der Deutschen Internationalen Schule Doha (DIS Doha). Mein Schwerpunkt lag hierbei auf dem Fach Deutsch, weswegen ich größtenteils in den Deutschstunden hospitierte.
(Stand November 2018)
Katar, das wohl materiell reichste Land der Welt!
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht merke ich gerade, dass ich innerhalb des Studiums ein Auslandssemester (Ege University), zwei Auslandspraktika (GSIS Hongkong, DIS Doha) sowie zwei freiwillige Projekte (GoCamp Ukraine) erleben durfte.
Deshalb beobachte ich mich sehr oft dabei, wie ich versuche, meine Freunde und KommilitonInnen zu überzeugen, ins Ausland zu gehen.
Daher hoffe ich, dass ich auch Dich auf diesem Wege begeistern kann. Vielleicht sitzt auch Du später an deinem PC und schreibst all die schönen Erinnerungen, Erfahrungen und Inspirationen nieder, die Du während deines Auslandsaufenthalts sammeln konntest.
Meine Auslandsaufenthalte erstreckten sich bisher über den asiatischen und osteuropäischen Raum. Der Nahe Osten (Middle East) war mir bis zu dem Zeitpunkt meines Praktikums in Katar unbekannt. Ich ahnte nur vom Hören und Sagen, dass es sich um ein muslimisches, reiches und eventuell konservatives Land handeln könnte. Da ich mich aber nicht gerne von Vorstellungen sowie Vorurteilen anderer leiten lassen möchte, entschied ich mich dafür, das Land auf eigene Faust zu erkunden.
Mein Ziel war es, das alltägliche Leben und die Kultur – insbesondere aber die Realisierung des deutschen Bildungssystems auf arabischem Boden – kennenzulernen, um dann einen Vergleich zwischen all meinen Auslandserfahrungen ziehen zu können.
Warum gehe ich so oft ins Ausland?
Die Tatsachen, in einem fremden Land auf sich selbst gestellt zu sein, neue Menschen kennenzulernen und zu realisieren, „dass die Welt doch nicht so groß ist“, stellten sich später als jene Aspekte heraus, die mich sowohl auf privater als auch akademischer Natur weiterbildeten und mir neue Perspektiven des Lebens eröffneten.
In den ersten Semestern meines Studiums strebte ich danach, die indische und brasilianische Kultur innerhalb des Bollywood- und Forró-Tanzes kennenzulernen. Dabei dachte ich tatsächlich, dass dies ausreichen könne, um meine interkulturellen Kompetenzen zu stärken.
Jetzt, nach zahlreichen Auslandsaufenthalten, kann ich sagen: Die Sprachen, die Kulturen und die Traditionen eignete ich mir zwar über Literaturen und Recherchen an, aber fühlen konnte ich das „wahre Leben“ lediglich vor Ort.
Wer einmal das Gefühl bekommt, ein Teil einer „fremden Gesellschaft“ zu sein, realisiert schnell, dass das Gefühl von „Zuhausesein“ nicht nur beschränkt ist auf jenes Land, in dem Du oder Ich aufgewachsen sind.
Das solltest du beachten!
Bei den Bewerbungen an den deutschen Auslandsschulen handelte es sich größtenteils um Initiativbewerbungen. Diese umfassten meistens einen Lebenslauf, ein Motivationsschreiben und in manchen Fällen auch Sprachnachweise, Gutachten oder den Leistungsspiegel. Auf den offiziellen Webseiten der Schulen wurden fast immer die Anforderungen geschildert. Sollte dies nicht der Fall sein, kannst Du die Schule gerne per Mail kontaktieren.
Bevor ich mich jedoch mittels einer Initiativbewerbung an der Auslandsschule bewerben konnte, musste ich zunächst klären, ob meine Anerkennung des Praktikums im Ausland seitens des Instituts gewährleistet wird. Nach einer Genehmigung des Instituts für Sprach- und Literaturwissenschaft fing für mich anschließend die Bewerbungsphase an.
Aus meinem vergangenen Auslandspraktikum in Hongkong sammelte ich bereits die Erfahrung, dass vierwöchige Praktika im Rahmen der SPS als zu kurz und ebenso problematisch für die Visumsbeantragung angesehen werden können. Daher rate ich Dir, dich an so vielen Schulen wie möglich zu bewerben, denn keine Bewerbung ist zu viel!
Damit ich einen Überblick über all meine Bewerbungen bewahren konnte, richtete ich eine für die Auslandsaufenthalte abgestimmte Email-Adresse ein.
Bereits nach einer Woche erhielt ich die Zusage aus der Deutschen Internationalen Schule Doha (DIS Doha), woraufhin ich in kürzester Zeit ein persönliches Interview (via Videochat) mit dem Schulleiter führte. In diesem Interview stellte ich mich vor, erzählte von meinen vergangenen Auslandsaufenthalten und schilderte meine Motivation, mein Praktikum an der DIS Doha zu absolvieren.
Nach dem Signieren des Vertrags beantragte die Schule darum das Visum, sodass meine einzige Aufgabe darin bestand, meine Flugtickets zu buchen. Besonders positiv möchte ich hervorheben, dass sich die DIS Doha sowohl um das Visum als auch um die Unterkunft für die vier Wochen kümmerte. Abgesehen davon bekam ich eine kleine Vergütung. Bezüglich der Organisation und Planung des Auslandspraktikums ist zu sagen, dass dieses bisher mit Abstand zu meinen unkompliziertesten Auslandsaufenthalten zählt.
Meine Erwartungen
Ich liebe Kulturschocks. Ich liebe es, neue Herausforderungen anzunehmen, und ich liebe es, nicht zu wissen, was auf mich zukommt. Mit diesen Erwartungen reiste ich nach Katar. Ich wusste, dass mich eine Gastfamilie erwartet, kontaktierte diese aber bewusst nicht. Die nötigsten Informationen über meinen Aufenthalt erhielt ich über die Schulleitung, alles andere wollte ich am „eigenen Leib“ spüren und mich überraschen lassen, denn ich liebe auch Überraschungen.
So leben die Menschen in Katar
Mein Praktikum war eine Mischung aus einem 5-Sterne-Urlaub und einem wunderbaren Alltag als Lehrperson an der DIS Doha. Meine Gastfamilie holte mich inmitten der Nacht am Flughafen ab und die Fahrt führte mich zu einem großen überwachten Tor. Hinter diesem Tor befanden sich viele aneinandergereihte Häuser. Eines davon war mein zukünftiges Zuhause für die nächsten vier Wochen.
Gerne teile ich mit Dir Ausschnitte aus meinem Reisetagebuch, die meine Gefühle und ersten Impressionen von Doha widerspiegeln:
31-August-2018
„[…] mit dem Wissen, dass meine Gastfamilie sowohl einen Pool als auch ein Fitnessstudio zur Verfügung hat, war ich dann wohl die glücklichste Person am Gate.“
„Ich wusste schon, dass ich in einem villaartigen Komplex leben werde, dass es aber so schön ist, das wusste ich nicht! Es sind sogenannte Compounds, in denen ausschließlich Menschen aus dem Ausland leben. Unser Compound sieht sehr arabisch aus. Die Häuser sind spitz, beige und groß, wie im Märchen.“
04-September-2018
„Ich fühle mich wie in einem Ferienhaus. Ich kann die Wärme genießen, Sport treiben und am Pool meinen Unterricht planen.“
Der erste Anblick täuschte mich nicht. Tatsächlich zählte es zu einer Seltenheit, in einem Compound zu wohnen, in welchem es weder einen Pool noch ein Fitnessstudio gab. Abgesehen davon besaß jede Familie in Doha ein eigenes Auto, denn öffentliche Verkehrsmittel existieren dort nicht. Für jene, die nicht im Besitz eines Autos waren, gab es günstige Taxifahrer, welche auch als private Fahrer genutzt werden konnten.
Ich wurde jeden Morgen von meiner Gastmutter in die Schule mitgenommen. Am Nachmittag nutzte auch ich ein Taxi, um entweder nach Hause oder in eine der vielen Malls zu fahren.
Wenn ich Doha in wenigen Worten wiedergeben müsste, wären diese wohl:
Shoppingmalls, Abayas (schwarze Umhänge der Frauen), Luxus und Wärme.
Die Lehrkräfte teilten mir mit, dass ich die „schlimmste“ Zeit des Jahres erleben würde. Das kann ich bestätigen. Die Temperaturanzeige stieg von Tag zu Tag von 43 Grad bis zu 50 Grad an. Abgesehen davon hatte Doha Anfang September eine Luftfeuchtigkeit von fast 90%. Einkalkulieren musste ich ebenso die Kleiderordnung, denn die Schultern und Beine mussten bedeckt werden.
Fazit ist: Das Leben in Doha spielte sich für mich entweder in der Schule, in meinem Compound oder in einem der unzähligen Einkaufszentren ab – denn dort war es kühl!
Gedanken und Erlebnisse
31-August-2018
"Etwas verwirrend, aber hier in Katar fängt Sonntag die Arbeit an. Freitag und Samstag sind Wochenendtage.“
01-September-2018
„Ich fühle mich wie in einem Märchenland. Das ist alles so surreal und doch so echt. Vieles ist künstlich angebaut, überall befinden sich Baustellen, aber die Häuser, die fertig sind, die sind wunderschön.“
04-September-2018
„Ich fühle mich hier wie Zuhause. Ich möchte nicht weg und am liebsten immer hier leben. Gesunde Ernährung, ein Schulservice, Pool, Fitnessstudio, super Kollegen, was will ich denn mehr?“
Die Deutsche Internationale Schule Doha
Die DIS Doha war eine sehr kleine Schule. Das Kollegium bestand schätzungsweise aus 60 Personen. Das Lehrerzimmer war klein, jedoch gemütlich. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler war nicht so hoch und es existierten Klassen, in denen 20 Schülerinnen und Schüler unterrichtet wurden, wohingegen die Oberstufe aus drei Schülerinnen und Schülern bestand.
An meinem ersten Praktikumstag wurde ich im Auditorium der Schule ganz herzlich von dem Schulleiter und den Lehrkräften begrüßt. Anschließend lernte ich durch eine kleine Führung durch die Schule die Räumlichkeiten kennen. Daraufhin erhielt ich alle Stundenpläne, sodass ich mir meinen Stundenplan selbstständig einteilen konnte. Zudem hatte ich eine Mentorin, die mir über die vier Wochen stets zur Seite stand.
Die ersten Tage hospitierte ich lediglich im Unterricht, um die Schülerinnen und Schüler sowie die Unterrichtsgestaltung kennenzulernen. Danach übernahm ich kleinere Unterrichtssequenzen und leitete schließlich sechs eigene Stunden in verschiedenen Klassenstufen durch. Außerdem durfte ich auch Vertretungen übernehmen, Pausen beaufsichtigen und eine ganze Unterrichtsreihe im Fach Biologie planen sowie unterrichten.
Schon nach kürzester Zeit fühlte ich mich nicht mehr als Praktikantin, sondern vielmehr als ein Teil des gesamten Lehrerkollegiums. Folglich lernte ich den Lehreralltag kennen, indem ich an Lehrer- und Gesamtkonferenzen teilnahm.
Vielen Dank DIS Doha!
An der DIS Doha kristallisierte sich für mich erneut heraus, inwiefern sprachliche Barrieren Einfluss auf das Lernvermögen und auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler haben können. Demnach erweiterte ich meine Kenntnisse bezüglich der Gestaltung eines sprachsensiblen Unterrichts, lernte die Förderpläne der Schule kennen und gewann für mich Unterrichtsmethoden, um als zukünftige Lehrperson eine individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler umzusetzen.