Über Turku
Turku ist eine etwa 200.000 Seelen große Stadt an der Südwestküste Finnlands. Aufgrund der gemeinsamen Geschichte Schwedens und Finnlands ist der Schwedische Einfluss hier sehr groß und Schweden wird auch als offizielle Landessprache anerkannt. So heißt Turku auf Schwedisch „Åbo“, was auch der Name meiner Universität ist. Die Åbo Akademie ist eine von vier Universitäten in Turku und konzentriert sich, wie der Name schon vermuten lässt, vor allem auf die Schwedenfinnen, weshalb ein Großteil der Studenten hier schwedischsprachig ist.
Anfang Januar: Ankommen in Turku
Am 2.1. ging es für mich dann los nach Turku. Hierfür flog ich ca. 2,5 Stunden nach Helsinki und musste im Anschluss einen Zug nehmen, was alles problemlos funktionierte. In Turku angekommen traf ich mich mit meiner Tutorin, welche mir die Schlüssel für meine Unterkunft übergab, zu der ich dann auch fuhr. Mein Wohnheim ist das „Retrodorm“, ein ehemaliges Krankenhaus was im Wald auf einem kleinen Hügel steht. Das klingt zunächst wie der Beginn eines Horrorfilmes, aber ich bin unglaublich zufrieden mit dem Wohnheim und dessen Ausstattung. Auf meinem Flur leben 12 andere Studenten die aus den unterschiedlichsten Ländern wie beispielsweise Japan, Belgien oder Irland kommen. Seit dem ersten Tag unternehmen wir täglich etwas zusammen von Movie-Nights zu Flurpartys, Ikea-Besuchen, Schneeballschlachten und Schlittenfahrten (wenigstens etwas, wofür der Hügel den man täglich hochlaufen muss, gut ist).
Meine Tutorin Carolina hat sich große Mühe gegeben uns in das Finnische Studentenleben zu integrieren. Direkt am ersten Abend sind wir gemeinsam in eine Bar gegangen und Sie hat einige Abende zum Backen oder Spielen organisiert und uns mit den finnischen Traditionen bekannt gemacht. Es war wirklich eine große Hilfe schon im Voraus eine Kontaktperson bei Fragen zu haben und natürlich auch in Turku gemeinsam Freizeitaktivitäten zu unternehmen.
Die ersten Wochen: Stockholm, Beginn der Lehrveranstaltungen
In der ersten Woche gab es einige Einführungsveranstaltungen, jedoch hatte ich den größten Teil der Woche frei. Aus dem Grund beschloss ich spontan meine Familie in Stockholm für vier Tage zu besuchen. Aus Turku kann man direkt eine Fähre nehmen und ist nach 11 Stunden Fahrt am Hafen in Stockholm. Die Reisezeit ist zwar relativ lang, dafür kostet die Fähre jedoch nur 12 Euro für die Überfahrt.
Am 13.01. ging es dann für mich mit den Vorlesungen los. Die meisten Kurse habe ich zwei Mal die Woche und die Vorbereitungszeit für jede Vorlesung beträgt ca. 2,5 Stunden. Im Vergleich zu Deutschland würde ich sagen, dass der Aufwand für eine Vorlesung während des Semesters höher ist. In einem Fach muss ich beispielsweise jede Woche ein Assignment abgeben, welches benotet wird und vor Allem die Sprachkurse sind sehr anspruchsvoll. So habe ich z.B. in meinem Schwedisch-Kurs 17 Vokabeltest, drei Assignments, zwei schriftliche und eine mündliche Klausur. Auch haben mir einige grammatikalische Themen sowohl in Schwedisch als auch in Finnisch gefehlt, die ich eigenständig nacharbeiten musste. Nichtsdestotrotz waren die Professoren sehr freundlich und hilfreich und man nimmt wirklich viel aus den Sprachkursen mit.
Traditionen in Finnland
Eine Tradition die mir in Finnland besonders gut gefällt ist die der „haalarit“. Hierbei handelt es sich um eine Art Overall für Studenten. Diesen bekommt man zu Beginn seines Studiums in den Farben seines Fachbereichs und kann diesen mit „Patches“ versehen, welche man auf vielen Veranstaltungen meist kostenlos bekommt. Traditionell trägt man nur den unteren Bereich des Overalls und bindet sich die Ärmel um die Hüfte. In Finnland sind die opiskeljahaalaris so verbreitet, dass sie auf jeder Party wiederzufinden sind und es auch ganz normal ist diese in einem Club zu tragen. ESN (Erasmus Student Network) verkauft auch welche an Erasmus Studenten, sodass wir alle seit der ersten Woche fleißig Patches sammeln.
Eine weitere kulturelle Besonderheit hier ist „salmiakki“. Hierbei handelt es sich um Lakritze mit Salz, was als Süßigkeit gilt. Im Supermarkt lässt sich alles mit Salmiakki-Geschmack finden: Schokolade, Bonbons, Getränke… Ich habe einmal das traditionelle Salmiakki probiert, was kleine Lakritz Stücke sind die ähnlich wie Gummibärchen aussehen und in Salz getunkt wurden. Ich muss sagen ich habe selten etwas gegessen, was mir so wenig geschmeckt hat und auch den anderen Austauschstudenten erging es ähnlich. Auch soll es Salmiakkipastellen geben, welche man nur in einer Apotheke erwerben kann und für schwangere Frauen sogar gesundheitsgefährdend sein sollen.
Finnland ist bekanntlich die Heimat der „Sauna“. Dies merkt man allein daran, dass „Sauna“ das finnische Wort für Schwitzstube ist. Tatsächlich haben hier normale Wohnungen und sogar Studentenwohnheime oder die Universitäten meist mindestens eine Sauna. In einem Kurs habe ich sogar gelernt, dass sich Finnland im Jahr um ca. 1 cm erhöht und so viele Saunas die früher am Meer gebaut wurden mittlerweile einige Meter vom Meer entfernt sind. Obwohl die Besitzer der Landfläche dieses „neu entstandene Land“ günstig erwerben könnten, tendieren viele Finnen dazu ihre Mökkis (Sommerhäuser) zu verkaufen. Dies liegt einzig und allein an der Entfernung von der Sauna zum Wasser und stattdessen tendiert man dazu ein neues Mökki mit einer Sauna direkt am Wasser zu erwerben.
Kurse
Mittlerweile habe ich mich schon sehr gut in Turku eingelebt und mich an den Universitätsalltag gewöhnt. Das Semester wird in zwei Perioden unterteilt, sodass man Kurse hat die in einer der beiden Perioden stattfinden, durchgängig gehalten werden oder einfach mittendrin anfangen und aufhören. In der ersten Periode habe ich beispielsweise einen Kurs namens „Finish art and architecture“ belegt, der zweimal die Woche stattfand und zu dem die Klausur bereits Mitte Februar geschrieben wurde. Der Kurs war sehr informativ und die Dozentin hat uns außerhalb des Kurses eine Stadtführung gegeben, was vor allem für die Austauschstudenten interessant war. Ferner belege ich einen Kurs namens „Visuality and Visualization“ in dem ich jede Woche ein Assignment abgeben muss und der bis Mitte März geht. Mein Schwedisch-Sprachkurs findet zweimal die Woche statt, geht über das ganze Semester und wir müssen insgesamt drei Klausuren schreiben. Ich habe noch spontan einen Schwedischen Tandem-Partner bekommen, weshalb ich nun auch einen E-Tandemkurs belege, der von Februar bis April geht. Hierbei trifft man sich einmal wöchentlich mit seinem Tandem und spricht 90 Minuten miteinander, möglichst ausgewogen in beiden Sprachen. Zusätzlich muss man jede Woche einen kurzen Text auf der jeweils anderen Sprache verfassen und den Text seines Tandems korrigieren. Das Tandem-Prinzip funktioniert wirklich gut, da man weniger Hemmungen hat vor einem Freund Fehler in der jeweiligen anderen Sprache zu machen und man auch gut über die verschiedenen Kulturen sprechen kann. In der zweiten Periode des Semesters beginnt dann noch ein weiterer Kurs für mich, der sogar auf Deutsch gehalten werden soll.
Turku – Geschichte
Turku war bis 1812 die Hauptstadt Finnlands und hatte eine enge Beziehung zu Schweden, was vor allem an der günstigen geographischen Lage liegt. Nach dem Finnland von Russland eingenommen wurde (was mehr als einmal geschah), wurde auf Grund dieser engen Beziehung Helsinki zur Hauptstadt ernannt. Da Turku jedoch bis zum 19ten Jahrhundert die wichtigste Stadt Finnlands war, gibt es hier einige historische Gebäude zu begutachten. So wurden die ersten Finnen 1150 von Bishop Henry getauft und diese Quelle kann man immer noch im Park Kupittaa sehen. Die Turku Kathedrale, die einige Jahrhunderte später unweit dieser Quelle erbaut wurde, ist die älteste Kirche des finnischen Festlandes. Sie galt als Inspiration für die meisten anderen Kathedralen die später in Finnland erbaut wurden. Mit dem Bau der Burg zu Turku wurde 1280 begonnen und sie diente als Residenzsitz, zeitweise sogar für den schwedischen König Gustav I. Vasa. Die Burg ist der Öffentlichkeit zugängig und gilt als eines der Wahrzeichen Turkus.
Aktivitäten außerhalb der Universität
Der Nationalsport der Finnen ist zweifelslos Eishockey. Obwohl Turkus Eishockey Mannschaft derzeit auf einem der letzten Plätze in der Liga ist, lohnt es sich definitiv auf ein Spiel zu gehen. Bevor das Spiel anfängt gibt es eine Lichtershow und während den Unterbrechungen ist immer Programm, beispielsweise durch Zuschauerquizze oder den „Kiss-cams“. Zum Ende des Spieles gab es einige Auseinandersetzungen auf dem Eishockeyfeld und alles in allem ist es ein Event, was sich nicht mit dem Zuschauen von Sport in Deutschland vergleichen lässt.
Ein weiterer Teil des Studentenlebens sind die „Sitz“. Hierbei verkleidet man sich passend zu einem Vorgegebenen Thema und trägt zusätzlich seinen Overall. Man muss sich vorher für die Sitz anmelden und das gesamte Programm wird sehr ernst genommen. Erscheint man zu spät oder nicht verkleidet zu einem Sitz erhält man ein „punishment“, bei dem man beispielsweise eine Stand up comedy vor allen Anwesenden halten muss. Sitz finden meistens in einer Bar statt und man bekommt ein drei Gänge Menü, was normalerweise jedoch nicht wirklich schmackhaft ist. Zwischendurch singt man schwedische oder finnische Lieder, darf sein Handy nicht benutzen und nur in offiziellen Pausen auf Toilette gehen. Das ganze Event ist etwas verrückt hat jedoch einen hohen Spaß-Faktor.
Am 13.02.2020 fand in Turku das „pikkulaskiainen“ statt. Hierbei handelt es sich um eine Tradition die einmal im Jahr stattfindet. Das Event beginnt am frühen Nachmittag und geht bis tief in die Nacht. Es kommen Studenten aus ganz Finnland und man sieht in der Innenstadt kaum jemanden, der keinen Overall trägt. Für das pikkulaskiainen wurde die Hauptstraße, die einen Hügel hinunterführt abgesperrt. Da derzeit kein Schnee liegt, wurde eigens für dieses Event Schnee hierhertransportiert und über die gesamte Straße verteilt. Daneben wurde noch eine Bühne aufgebaut auf der live Musik gespielt wurde. Im Vorfeld konnte man sich für das Event anmelden und einen Schlitten bzw. eher ein Fahrzeug was den Hügel runterkommt bauen. Die Karten waren binnen Minuten ausverkauft und die Fahrzeuge sehr kreativ. Beispielsweise fuhr eine Gruppe von Studenten auf einer Couch den Berg runter und schaffte es tatsächlich heil unten anzukommen. Zu dem Event fällt mir nur die Redensart „Die Spinnen, die Finnen“ ein, aber wir hatten definitiv alle Spaß auf dem Event!
Reise nach Lappland
In dem vergangenen Monat war ich zweimal in Lappland, was ein Gebiet im heutigen Norwegen, Schweden, Finnland und Russland ist. Das erste Mal fuhr ich mit einer Studentenorganisation hin und das zweite Mal organisierten wir einen privaten Trip.
Die wohl bekannteste Stadt im Norden Finnlands ist Rovaniemi, die Hauptstadt Nordfinnlands. Rovaniemi ist für die Einheimischen besonders wichtig, da es die einzige größere Stadt im Norden Finnlands mit einem Krankenhaus, in welchem auch Operationen durchgeführt werden und einer Universität ist.
Wohnt man beispielsweise in Ivalo (einer anderen „größeren Stadt“ mit knapp über 3000 Einwohnern) und ist schwanger, muss man bei der Geburt ca. 300 km bis nach Rovaniemi fahren, da es in dem Umkreis kein anderes Krankenhaus gibt. Das gilt auch für Apothekenbesuche und andere größere Besorgungen. Rovaniemi ist allerdings nicht nur die Hauptstadt Nordfinnlands, sondern auch die Heimat des Weihnachtsmannes. Direkt am Polarkreis wurde hier das Weihnachtsmanndorf gebaut, in welchem alle Briefe landen, die man dem Weihnachtsmann schreibt. Man kann hier den Weihnachtsmann treffen und ein Bild mit ihm machen.
Während unserer ersten Reise haben wir in Saariselkä gewohnt, einem Skiresort knapp 250 km nördlich des Polarkreises. Hier befindet sich auch der Urho-Kekkonen- Nationalpark, dessen Natur absolut beeindruckend ist. Die Finnen sind sehr Naturverbunden und das merkt man auch anhand dieser Parks. Es gibt in jedem Park „Daytime cabines“ in welchen sich ein Kamin befindet und man sich am Feuer Würstchen grillen kann. Diese Kabinen sind kostenlos, sauber und sehr modern. Geht man in der Natur mehrere Tage wandern gibt es auch solche Kabinen zum Übernachten, die ebenfalls kostenlos sind. Da Finnland das sauberste Wasser der Welt hat, trinken die einheimischen bei solchen Wanderungen stets das Wasser aus den Flüssen, traditionell aus den sogenannten „kuksa“ Bechern.
Während beider Reisen haben wir so gut wie jede Nacht Aurora Borealis gesehen. In Finnland nennt man diese auch „Foxfire“, da den alten Mythologien nach ein Fuchs so schnell über den Himmel läuft, dass sein Schwanz den Schnee aufwirbelt und so die Nordlichter entstehen. Die Sami, die Ureinwohner Lapplandes, hielten die Aurora Borealis hingegen für die Seelen der Verstorben. Heutzutage weiß man, dass es sich bei den Aurora Borealis um elektrische geladene Partikel handelt, welche von der Sonne kommen und mit den Gasen unserer Atmosphäre kollidieren. Sie sind ein beeindruckendes Naturspektakel und jedes Mal, wenn sie erscheinen, wirken sie durch ihre unterschiedlichen Bewegungen, Farben und Intensität anders.
Schlittenfahrten mit Huskies
Husky Schlittenfahrten sind heutzutage meist eine touristische Aktivität, galten jedoch für tausende Jahre als normales Transportmittel in diesem Teil der Welt. Ich hatte zu Beginn etwas Skrupel, in wie fern diese Aktivität gut für die Tiere ist. Die Besitzerin der Farm erklärte und jedoch, dass die Schlittenfahrten für die Tiere gut wären, da sie sehr viel Auslauf brauchen und es für sie eher von Nachteil ist, sie als Haustiere zu halten. Das Fäll der Huskies ist für Temperaturen von ca. -20 Grad oder kälter ausgerichtet und sobald die Temperaturen bei etwa -5 Grad liegen, finden auch keine Fahrten statt.
Die Besitzer der Farm können die Huskies nur an ihrem Bellen erkennen und bilden die Schlittengruppen nach den charakterlichen Eigenschaften der Hunde und den körperlichen Eigenschaften der Menschen, die sie ziehen.
Als wir mit unserer Tour anfingen, waren wir alle überrascht, wie viel Energie die Tiere hatten. Jeder Schlitten wurde von fünf Hunden gezogen, während eine Person lenkte und die andere auf dem Schlitten saß. Die Person die lenkte musste konstant auf die Bremse treten, da die Tiere sonst mit einer Geschwindigkeit von über 15 km/h gerannt wären. Ich kann jedem der nach Lappland fährt nur nahelegen, eine Husky Schlittenfahrt auszuprobieren.
Rentiere als das Symbol Lapplands
Das Symbol Lapplands sind jedoch nicht die Huskies, sondern die Rentiere. Es gibt in Lappland ca. 200.000 Rentiere, was mehr Rentiere als Einwohner in dieser Region sind. Außerdem sind sie das Transportmittel des Weihnachtsmannes und einfach unglaublich süß. In Lappland gibt es einige Rentierzuchten und solltet ihr jemals auf einer Rentierfarm sein, fragt den Besitzer nicht, wie viele Rentiere er besitzt. Diese Frage ist quasi gleichzustellen mit der Frage, wie viel Geld man auf seinem Konto hat. Wir haben auch eine Rentierschlittenfahrt gemacht, welche um einiges langsamer und entspannter als die Husky-Schlittenfahrt war.
Saunabesuche am Arktischen Meer
Während unserer Zeit in Nordfinnland haben wir auch einen Tagesausflug nach Bugoynes in Norwegen gemacht. Die Stadt befindet sich am Arktischen Meer, unweit des Nordkaps. Wir gingen hier in die Sauna und kühlten uns zwischendurch bei einer Außentemperatur von -20 Grad im Arktischen Meer ab. Von der Sauna musste man erst etwa eine Minute in Flip-Flops durch den Schnee laufen, um zum Meer zu gelangen. Diese Kälte war jedoch harmlos im Vergleich zum eiskalten Wasser. Bei der ersten Abkühlung rannten wir alle so schnell es ging zum Wasser und wieder in die Sauna und schrien dabei lauthals. Bereits bei der zweiten Abkühlung schrien und rannten wir nur noch auf dem Weg zum Wasser, liefen jedoch schon relativ entspannt wieder zurück in die Sauna. Ab der dritten Abkühlung fingen wir an, die Abkühlung im arktischen Meer zu genießen und keiner von uns schrie mehr. Insgesamt empfehlen die Finnen, dass man während eines Saunabesuches zwischen 5 und 7 Abkühlungen machen sollte.
„Cross Country skiing“ als kulturelles Gut
Die meisten Kinder in Lappland lernen „Cross Country skiing“ noch bevor sie in die Schule kommen und diese Sportart gehört auch zum ganz normalen Sportunterricht in der Schule.
Sie wird quasi überall ausgeübt und vor allem zugefrorene Flüsse bieten sich hierfür an. Cross Country skiing war früher ein wichtiges Fortbewegungsmittel im Winter. Während des zweiten Weltkrieges kämpfte Finnland vor allem gegen die Sowjetunion, welche Finnland zuvor häufig belagert hatte. Einer der wichtigsten Gründe wieso die Finnen den Winterkrieg 1939 gegen die Sowjetunion gewannen, waren die Cross Country Ski Gruppen. Heutzutage gibt es in Finnland immer noch die Wehrpflicht und Cross Country skiing ist immer noch Teil der militärischen Ausbildung.
Maßnahmen in Finnland und Auswirkungen auf das Studium
Die aktuelle Corona-Situation hat natürlich auch mein Auslandssemester beeinflusst. Die Anzahl der Corona Erkrankungen ist in Finnland relativ niedrig, jedoch wurden auch von Seiten der Regierung früh Maßnahmen ergriffen. Während in anderen Ländern schrittweise die Maßnahmen verschärft wurden, beschloss die Regierung hier am 16.03. relativ stark durchzugreifen. So bekam ich auch an eben diesem Tag eine E-Mail meiner Universität, dass Präsenzveranstaltungen bis Ende des Semesters nicht stattfinden werden. Wir bekamen ferner eine Woche Urlaub, sodass die Lehrenden Zeit hatten, ihre Vorlesungen umzustrukturieren.
Ich persönlich bin sehr glücklich darüber, wie hier mit der Situation umgegangen wird. Man bekam verhältnismäßig früh genau Informationen über die Einschränkungen. Am Anfang klang es zugegebenermaßen schockierend, dass diese Maßnahmen bis Ende Mai gelten würden, jedoch bin ich im Nachhinein sehr froh über die Handhabung der Situation. Es gibt in Finnland zwar keinen shutdown, Touristen ist es jedoch nicht mehr möglich einzureisen und die Region um Helsinki war für zwei Wochen abgeschottet, da es hier mit Abstand die meisten Erkrankungen gab.
Auch hat Finnland seine gesamten Austauschstudenten zurückgerufen. Interessanterweise hat Finnland seit dem zweiten Weltkrieg nie aufgehört, Produkte für den Notfall zu lagern. Dies liegt vor allem an der schwierigen Beziehung zu Russland. Dennoch kommt dies gerade sehr zugute, da die Regierung unter anderem auch eine große Anzahl an Schutzmasken gelagert hat und in Finnland somit keine Knappheit an Schutzmasken besteht.
Koordination mit der TU Darmstadt: In Finnland bleiben oder zurückkehren?
An dieser Stelle würde ich auch gerne die Handhabung der Koordinatoren der TU-Darmstadt loben. Wir wurden frühzeitig mit Informationen versorgt und es wurde stets betont, dass es uns offensteht, ob wir in unser Heimatland zurückkehren möchten oder unser ERASMUS Semester fortsetzen möchten. Ich habe von sehr vielen Ländern gehört, welche ihre ERASMUS Studenten zurückgerufen haben. Häufig hatten die Studenten eine Woche (manchmal sogar nur zwei Tage) um in ihr Heimatland zurückzukehren. Ich persönlich war mir lange unsicher, habe mich im Endeffekt jedoch dazu entschieden, in Finnland zu bleiben. Dies liegt vor Allem daran, dass die Situation hier gerade um einiges ungefährlicher ist als in den meisten europäischen Ländern und ich mitten in der Natur wohne und somit noch täglich im Wald spazieren gehen kann. In Deutschland lebe ich in Frankfurt und wäre somit stark in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Digitale Lehre an der Abo Akademi
Wie schon erwähnt, hatten die Lehrenden eine Woche Zeit, um auf die digitale Lehre umzusteigen. Dies hat überraschend gut funktioniert. Es gibt in Finnland schon seit über 10 Jahren sogenannte digitale Kurse, die man alternativ zu den Präsenzkursen wählen kann. Somit haben die meisten Lehrenden schon Erfahrung in dem Bereich. Innerhalb dieser einen Woche wurde wirklich alles problemlos umgestellt und ich bin überrascht, wie kreativ die Lehrenden geworden sind. Die Seminare wurden nicht einfach nur ins Digitale übertragen, sondern man hat sehr unterschiedliche Arbeitsformen in einem Seminar kombiniert. Die Prüfungen der Sprachkurse fanden teilweise mündlich über Zoom statt oder man bekam relativ viele Aufgaben zum Hörverstehen. Eine andere beliebte Form war auch, ein kurzes Essay zu schreiben. Hierbei bekam man morgens um 9:00 Uhr ein „Klausurthema“ und musste bis abends um 21:00 Uhr 1,5 Seiten zu der Thematik schreiben.
Waldspaziergang zum Archipelago
Finnland ist bekannt für seine unberührte Natur. Das Land ist dünn besiedelt und die Natur hat einen sehr hohen Stellenwert. Glücklicherweise wohne ich im Wald und kann so jeden Tag in die Natur. Es gibt einen einstündigen Spaziergang durch den Wald der zum nahegelegenen Archipelago führt. Archipelago bezeichnet eine Landschaft mit vielen kleinen Inselgruppen und man vermutet, dass das Archipelago bei Turku das größte der Welt ist. Die Landschaft ist auch wirklich atemberaubend schön. Ferner belege ich einen Tandem-Kurs und mein Tandempartner hat ein Haus direkt am Meer, weshalb wir dort auch manchmal grillen oder mit dem Boot rausfahren können. Somit wird es mir hier tatsächlich nicht langweilig und ich bin froh, geblieben zu sein.
Schnee über Ostern
Das Klima ist hier um einiges kälter als in Deutschland und ich merke mittlerweile, dass ich mich stark an die Kälte gewöhnt habe. Die kälteste Temperatur, die wir in Turku dieses Jahr hatten, lag bei -10 Grad, jedoch ist es überraschend, wie lange die Kälte anhält. Über Ostern hat es beispielsweise drei Tage lang geschneit und auch Ende März hatten wir relativ viel Schnee. Mittlerweile haben wir 10 Grad Plus und die meisten Menschen tragen keine Jacke mehr draußen.