Das kommende Wintersemester 2018/19 werde ich in Århus, Dänemark, verbringen. Ursprünglich hatte ich keine genauere Vorstellung, wo ich mein Auslandssemester verbringen möchte, ich wusste nur, dass ich eins machen wollte. Tatsächlich bin ich einfach nur durch die Liste der Partneruniversitäten gegangen und habe mir ein paar Städte herausgeschrieben.
Es sollte ein Land werden, in dem ich vorher noch nicht war, da fiel meine Wahl auf Dänemark.
Ich habe lange recherchiert; Wie ist das Studieren in Dänemark? Wie ist die Lebensqualität? Wie sind die Erfahrungsberichte von Menschen, die von außerhalb in das Land gezogen sind? etc. Zu meiner Überraschung gab es keinerlei negative oder tatsächlich nennenswerte Kritikpunkte, die mich davon abhalten würden oder könnten, in dieses Land zu reisen. Im Gegenteil, oft wurde auch sehr darüber geschwärmt, wie toll es doch dort so sei. Mal schauen, ob ich diese Meinungen auch bald teilen kann.
Ein Auslandssemester ist für mich eine spannende Sache. Einer der Gründe, warum ich weggehe, ist, dass ich mich als Person weiterentwickeln möchte. Man ist für einen gewissen Zeitraum erst einmal auf sich alleine gestellt. Das mag für den Anfang etwas beängstigend klingen, aber ich sehe das als super Chance, neue Eindrücke zu gewinnen. Des Weiteren ist meiner Meinung nach jetzt die beste Zeit, um sinnvoll und begründet ins Ausland zu gehen.
Falls ihr irgendwelche Fragen habt, könnt ihr mir gerne auf Instagram per Direktnachricht schreiben (@mile.pe) oder per Mail an milena.petrovic@stud.tu-darmstadt.de.
(Stand Dezember 2018)
Vorbereitungsphase
Ich kann mich ganz vage daran erinnern, dass es eine Info-Veranstaltung, November 2017, zum Thema „Auslandssemester“ gab. Ich ging zu dieser Veranstaltung, ohne irgendwelche Erwartungen. Tatsächlich habe ich dann nach dieser ERASMUS+-Veranstaltung geschaut, welche Partneruniversität denn für meinen Fachbereich in Frage käme. Ich wurde immer neugieriger und habe immer weiter recherchiert.
Ich hatte anfangs meine Zweifel, ob das denn überhaupt klappen würde: Sind meine Leistungen gut genug für ein Stipendium? Habe ich überhaupt eine Chance? Will ich das wirklich? Das wird bestimmt nichts, ich kann es doch auch gleich lassen…
Falls ihr auch diese Zweifel habt und ihr euch nicht sicher seid, ich kann euch nur raten: Versucht es! Mehr als „nein“ können sie nicht sagen. Und selbst wenn ihr euch während des Bewerbungsprozesses noch umentscheiden solltet, solange ihr keine Verträge unterzeichnet habt (z.B. Grant Agreement), ist alles unverbindlich.
Die Unterlagen zusammenzusuchen ist schon eine Heidenarbeit. Stellt euch schon mal auf ganz, ganz viel Papierkram ein. Um ehrlich zu sein, ich bin mir nicht mehr genau sicher, was ich alles an Unterlagen gebraucht habe.
In der Vorrunde musste ich mich, als potenzielle Stipendiatin, in meinem Fachbereich bewerben. Die Bewerbung enthielt eine Liste meiner ausgewählten Partneruniversitäten, mehrere Motivationsschreiben und Lebenslauf, Kopien meines Leistungsspiegels sowie ein provisorisches Learning Agreement.
Die Bewerbungsphase war für mich etwas stressig, da die Termine der Info-Veranstaltung ziemlich zeitnah zum Bewerbungsschluss waren. Ich glaube, es lagen knapp vier Wochen zwischen den beiden Terminen. Vier Wochen sind keine lange Zeit, um sich damit auch persönlich auseinander zu setzen. Das Beste ist, man behält einfach eine kühlen Kopf.
Bewerbungsschluss war der 30. November 2017. Ende des Jahres erfuhr ich, dass ich von der TU Darmstadt als Austauschstudentin vorgeschlagen wurde. Im Februar 2018 erhielt ich von der Partneruni in Dänemark die Bestätigung, dass ich im Herbstsemester 2018 in Aarhus studieren darf. Man muss dazu sagen, sobald man im Ausland ist, hört der Papierkram nicht auf. Es wird immer mehr und mehr. Die International Coordinators in Dänemark sind aber immer stets hilfsbereit und super freundlich und konnten mir fast immer weiterhelfen.
Zur Vorbereitung habe ich mich für einen Dänisch-Sprachkurs im Sprachenzentrum angemeldet. Nur ich muss gestehen, dass ich mich nach ein paar Wochen wieder abgemeldet habe. Andere Module hatten eine höhere Priorität. Es braucht seine Zeit, eine Sprache richtig zu lernen. Ich habe mir dann immer abends vor dem Schlafengehen YouTube-Videos angeschaut. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich in Dänemark ein wenig die Sprache lernen werde. Der Trick dabei ist, sich mit Einheimischen anzufreunden. Ich habe hier dabei die Erfahrung gemacht, dass Dänen vor allem in dieser Hinsicht sehr hilfsbereit sind. Anscheinend finden sie das ziemlich cool, wenn jemand versucht, ihre Sprache zu erlernen. Spoiler Alert: Dänisch lernen ist nicht einfach! Simple Grammatik, aber an der Aussprache hapert es oft. Aber keine Sorge, fast jeder in Aarhus spricht Englisch.
Des Weiteren habe ich mir auch ganze viele Travel-Videos über Dänemark und Aarhus angeschaut. Ich wollte mir schon mal einen ersten Eindruck verschaffen, da ich zuvor noch nie in diesem Land war. Hätte man mich vor meiner Ankunft gefragt, was ich denn eigentlich über Dänemarks Kultur wisse, meine Antwort hätte wahrscheinlich so gelautet: „Wikinger, Trinkfestigkeit und gutes Bildungssystem.“
Ich weiß, das klingt ein wenig ignorant. Aber irgendwie hatte ich mich nie wirklich zuvor mit Skandinavien auseinandergesetzt, geschweige denn mit Dänemark. Es lohnt sich auf jeden Fall, einmal beim Nachbarn vorbeizuschauen.
Es ist wichtig sich vorher Gedanken darüber zu machen, welche Kurse man eigentlich an der neuen Uni belegen möchte. Wie ist das Uni-System aufgebaut? Wie wähle ich meine Kurse aus? Wie funktioniert der Kurskatalog? Dadurch, dass ich mich schon früh damit auseinandergesetzt habe, musste ich mich nicht nach meiner Ankunft damit befassen. Ich befasse mich momentan mit Language, Cognition and the Brain und Cognition and Semiotics. Für mich sind das Module, die nicht nur meinen Horizont, sondern auch den meines Studiums erweitern.
Ich rate euch:
- Belegt Module, die euch in eurem Studienfach weiterbringen,
- wählt nicht dasselbe Modul, dass ihr schon einmal belegt habt, nur damit es einfacher ist,
- nutzt die Chance und belegt Module, die nicht an der TU angeboten werden.
Wohnungssuche
Die Wohnungssuche war sehr nervenaufreibend!
Dänemark ist an sich etwas teurer als Deutschland. Das liegt vor allem an den höheren Steuersätzen. Es ist ratsam, sich vorher Gedanken darüber zu machen, wie hoch das eigene Kapital ist. Die Aarhus Universität bietet eine Wohnungs- und Zimmervermittlung an. Nach einer erfolgreichen Vermittlung zahlt man zusätzlich zur zweiten Monatsmiete eine Gebühr von ca. 70€.
Ich habe natürlich diesen Service in Anspruch genommen. Dennoch hat die Wohnungssuche an sich viel länger gedauert als erwartet. Sobald ich meine Zusage bekommen hatte, Mitte Februar, fing ich direkt mit der Wohnungssuche an. Ich habe auf der Universitätsseite ein Formular für die Zimmervermittlung, ausgefüllt. Alle Studentenwohnheime in Aarhus sind in einem Register aufgelistet, mit allen wichtigen Infos und Details. Man gibt an, welche Präferenz man hat; z.B. ein Zimmer/eine Wohnung, Gemeinschaftsküche oder eigene Küche, eigenes oder gemeinschaftliches Bad usw. Nur leider ist einem eine Unterkunft nicht garantiert!
Deshalb bin ich Facebook-Gruppen beigetreten, habe auf AirBnB geguckt und auf anderen Websites. Im Mai bekam ich ein Angebot für ein Zimmer in Barbrand, ca. 6km außerhalb des Stadtzentrums. Es hieß, ich solle jetzt unbedingt das Angebot annehmen, ich hätte nur 48 Stunden Zeit, um das Angebot anzunehmen. Das Angebot erhielt ich von der Studenthousing Aarhus Seite. Keine Sorge, das ist eine seriöse Seite. Anscheinend vermittelt diese Seite ihre Zimmer/Wohnungen in der allerletzten Minute. Ich habe das Angebot nicht angenommen, denn hätte ich das getan, dann hätte ich von Mai bis August Miete bezahlen müssen, obwohl ich noch nicht die Wohnung beziehen konnte. Deswegen: Achtung! Wenn ihr euch nicht sicher seid, fragt lieber hundert Mal nach. Ich habe auch den Koordinatoren, Vermietern und Vermittlern gefühlte 10.000 E-Mails geschrieben und sie mit Nachrichten zugespamt. Kann sein, dass das manchen total auf den Keks ging, dafür habe ich aber jetzt den vollen Durchblick.
Nachdem ich das Angebot im Mai abgelehnt habe, hatte ich die Befürchtung, dass ich die ersten Wochen in einem AirBnB leben müsste. Und sowas ist eine echt teure Angelegenheit. Ich habe mich mit diesem Gedanken leider schon anfreunden müssen. Doch dann, wie aus dem Nichts, kam Mitte-Ende Juli ein Angebot von der Wohnungsvermittlung der Aarhus Universität.
Ich wohne momentan in einem Studentenwohnheim in Viby. Ich habe ein Zimmer mit eigenem Bad mit insgesamt 26 Quadratmetern. Die Küche teile ich mir mit den anderen Personen, die mit mir auf einem Gang leben. Mein Wohnheim liegt ca. 6,5km von der Uni entfernt. Ich habe eine super Busverbindung zu der Uni. Man kann sagen, dass man in Aarhus generell eine super Busanbindung an alles hat. Man sollte sich da wirklich nicht den Kopf zerbrechen, wenn man jetzt nicht unbedingt die Unterkunft im Stadtzentrum findet. Außerdem kann man alles mit dem Fahrrad erreichen. Ich werden mir demnächst ein Fahrrad ausleihen und damit immer zur Uni fahren, denn Aarhus ist eine „Fahrrad-Stadt“. Fahrradfahrer haben ihre eigene Fahrbahn und Ampeln. Für leidenschaftliche Fahrradfahrer ist das wohl ein Traum.
Die ersten Tage in Aarhus
Mitte August wurde ich nach Aarhus gefahren. Die Fahrt hat ca. 10 Stunden gedauert. Für mich war das die einfachste Option, da ich sehr viele Sachen mitgenommen habe. Klamotten für drei Jahreszeiten, Dekoration und anderen Schnickschnack, den man halt so braucht, um sich wie Zuhause zu fühlen. Wir sind in der Nacht losgefahren, damit wir noch während der Öffnungszeiten des International Office ankommen konnten. Dort habe ich meine Schlüssel zu meinem Zimmer bekommen und ein kleines Willkommensgeschenk. In der Geschenktüte waren ein paar Flyer, Informationen zur Uni, kleine Merchandiseartikel und eine dänische SIM-Karte. So eine dänische SIM-Karte hat weitaus mehr Vorteile, als nur damit zu telefonieren. Aber darauf gehe ich im nächsten Bericht ein.
Die Intro-Woche war etwas anders im Vergleich zu unserer OWO an der TU. Vorab wurde uns per Mail ein Wochenplan mit bestimmten Info-Veranstaltungen zugeschickt. Diese sollten wir natürlich besuchen, da es nicht nur um die Uni und den Campus an sich ging, sondern auch um die ganzen administrativen Angelegenheiten (CPR-Nummer, Visa, Krankenversicherung, Steuern etc.). Ich fand es ziemlich angenehm und großzügig, dass uns immer bzw. jedes Mal, wenn wir eine Veranstaltung während der Info-Woche hatten, Getränke, Frühstück und Mittagessen kostenfrei zur Verfügung gestellt wurden.
Ein paar Wochen bevor ich nach Dänemark gereist bin, wurde uns International Students ein ‘Buddy’ zugeteilt, der sich jeweils um 3-5 Neuankömmlinge kümmern soll. Ich trat zuvor mit meinem Buddy Pernille über Facebook in Kontakt. Ich traf sie an dem Freitag in der Info-Woche. Generell konnten wir ihr viele Fragen stellen, nicht nur bezüglich der Uni, sondern auch dem Privat- und Sozialleben in Dänemark. Pernille führte uns noch über den Campus und durch den riesigen Universitätspark. In der darauffolgenden Woche hatten wir noch eine ziemlich lustige Veranstaltung, organisiert durch das International Office und den Studenterhus Aarhus. Es war ein Workshop, der dazu dienen sollte, dass wir uns alle etwas besser kennenlernen. Wir wurden in etwas größere Gruppen eingeteilt und sollten gegeneinander antreten. Wir haben Spiele gespielt, sowas wie Schubkarrenrennen mit Vollkornbrot-Wettessen oder Memory und Ratespiele. Nach jedem Spiel haben wir eine Zutat bekommen. Diese sollten wir sammeln und einen Kuchen daraus machen. Am Ende standen uns Schlagsahne, Bananen, Erdbeermarmelade und Tortenböden zur Verfügung. Ich muss sagen, der Lagkage (dänisch für Schichttorte) hat besser geschmeckt als ich es mir vorstellen konnte.
Ich bin eineinhalb Wochen vor Beginn des neuen Semesters nach Aarhus gekommen. Eine Woche habe ich mit meiner Mutter hier verbracht und wir konnten so gemeinsam noch etwas Zeit verbringen und die Stadt erkunden. Wir gingen ins AROS Museum, besuchten den Streetfood-Markt, waren am Yachthafen. Ich wollte zu diesem Zeitpunkt die ganze Stadt so gut wie möglich erkunden, bevor ich dafür keine Zeit mehr habe. Somit hatte meine Mutter einen schönen Urlaub und mir wurde die Stadt größtenteils etwas bekannter.
Heimweh hatte ich tatsächlich nur an einem Tag, zwei Tage nachdem meine Mutter abgereist war. Es fühlte sich dann nicht mehr wie Urlaub an, sondern wie tatsächlicher Umzug in ein neues Land. Zumal ich zu dem Zeitpunkt wirklich noch keine neuen Freunde hatte, fiel es mir etwas schwer. Aber am darauffolgenden Tag bin ich in die Bar gegangen, die zu meinem Studentenwohnheim gehört, und habe direkt neuen Anschluss gefunden :D
Mein studentischer Alltag
Von Seminar bis Party; mein Alltag und meine Routine haben sich sehr verändert. Am Anfang des Semesters kam ich mir ein wenig wieder wie ein Ersti vor: neu an der Uni, neuer Stundenplan, neue Seminare, keine Bekanntschaften an der Uni. Meine größte Herausforderung jedoch war und ist bis heute mein Stundenplan. Das Semester ist fast zu Ende und trotzdem verpasse ich manchmal eine Veranstaltung. Ups!
Das einzigartige an dem dänischen akademischen Kalender ist, dass alles in Wochen unterteilt ist. Hier ein kleines Beispiel: Cognition and Semiotics I (Weeks: 36-41, 43-49).
Für mich ist das natürlich Neuland und ich wusste sofort, ich kann das hier nicht ohne einen Kalender überleben. Selbstverständlich habe ich auch Online einen Stundenplan, vergleichbar mit TUCaN, den ich mir dann auch ausgedruckt habe. Aber die Onlineplattform ist nicht das einzige Portal, das anscheinend von Dozent*innen und Student*innen genutzt wird. Facebook und personifizierte Webseiten der Dozent*innen sind eine weitere Anlaufstelle. Es ist für mich oft schwer, da den Überblick zu behalten.
Wenn man aber weiß, dass nur jede zweite Woche ein Modul stattfindet aufgrund von Bachelor-Projekten, ich jeden Tag auf Facebook zwei Privatgruppen und eine andere Webseite checken muss, dann funktioniert das schon relativ gut. Hier wird generell nur über Facebook und dessen Messenger kommuniziert.
Die Module und deren Seminare sind im Vergleich zu meinen gewohnten Seminaren ganz anders aufgebaut. Jedes belegte Modul findet mindestens zwei bis drei Mal die Woche statt. Es gibt immer eineAart Vorlesung und/oder ein Seminar und dazu einen praktisch orientierten Teil. Bleiben wir bei dem oben genannten Beispiel: Cognition and Semiotics I.
Montags habe ich ein dreistündiges Seminar, mittwochs habe ich ebenfalls ein dreistündiges Seminar sowie donnerstags eine zweistündige Praxis. In der Praxis soll das erlernte Wissen umgesetzt werden. Wir arbeiten jede Woche in festen Gruppen zusammen, bekommen dementsprechend auch jede Woche Aufgaben zugeteilt, die wir dann bearbeiten und letztendlich präsentieren sollen. Alles ist hier sehr auf Gruppenarbeit ausgelegt. Im Grunde genommen wird jeder Student direkt für die Klausuren von dem administration office angemeldet, d.h. man muss sich nur nach seinen Prüfungsterminen erkundigen. Eine separate Anmeldung gibt es nicht.
Bevor ich jedoch meine Hausarbeiten schreiben darf, muss ich eine ‘Vorklausur’ abgeben. Diese wird in der Regel nicht benotet, muss aber abgegeben werde. Wichtig zu erwähnen ist noch, dass es eine Anwesenheitspflicht gibt. Die Anwesenheit wird überprüft und wenn man weniger als 75% der Lehrveranstaltung besucht hat, darf man sich nicht das eigene Hausarbeitsthema aussuchen, sondern man bekommt eins zugeteilt.
Ein weiteres Phänomen, mit dem ich mich persönlich noch nicht so angefreundet habe, ist, dass wir die Dozent*innen beim Vornamen nennen sollen. Die Beziehung zwischen Student*innen und Dozent*innen ist sehr locker, man hat nicht diese formellen Ansprüche wie wir sie in Deutschland gewohnt sind.
Jetzt kommen wir zum eigentlichen Weg zur Uni. Ich habe das Fahrradfahren hier mittlerweile aufgegeben, da es ständig regnet und es total windig ist. Eine Weile bin ich mit dem Bus gefahren, aber ich habe etwas ganz Tolles herausgefunden. Die Universität hat eine Privatgarage, die sich unterhalb des Hauptgebäudes befindet. Student*innen können diese benutzen, indem sie ihren Studentenausweis, der auch als Schlüsselkarte (mit eigenem Code) dient, verwenden. Das ist natürlich alles kostenlos und erspart mir die Parkplatzsuche. Da ich gerade beim Thema Schlüsselkarte bin; ich kann die Gebäude auf dem Campus Nobelparken 24/7 an 365 Tagen betreten, dies gilt auch für Stillarbeitsräume und die Bibliotheken. Die Gebäude werden gegen 18-19 Uhr abgeschlossen. Es ist also nicht ungewöhnlich, mitten in der Nacht in die Uni zu fahren, um zu lernen oder zu arbeiten. Das ist ein Luxus den ich sehr wertschätze.
Das ganz wichtige Thema: Partys!
Jeden Freitag entstehen die sogenannten Friday Bars in Nobelparken. Jede Fakultät besitzt eine eigene Bar, die aus dem Nichts hergezaubert wird. Man darf sich bitte keine normale Bar vorstellen, nein nein. Hier werden normale Seminarräume umgebaut und umgestellt, so dass sie als Bar funktionieren können. Es wird ein Tischfußball hingestellt, Alkohol verkauft und Musik angemacht, wie in einer richtigen Bar. Diese Friday Bars starten schon um 16 Uhr und gehen bis ca. 02-03 in der Nacht. Die Friday Bars darf man sich auf jeden Fall nicht entgehen lassen.
Vor meinem Studentenwohnheim habe ich auch eine Bar, die jeden Donnerstag und Samstag geöffnet hat, d.h. Partys bis zum Umfallen. Im Stadtzentrum gibt es auch ganz viele Möglichkeiten, von Mottopartys bis hin zu All-You-Can-Drink ist alles dabei. Unter der Woche ausgehen ist hier also nicht ungewöhnlich. Das bewundernswerte dabei ist, egal wie viel ein Däne am Vorabend gefeiert hat, wann er nach Hause kam, er schafft es immer morgens früh pünktlich zur Arbeit/Uni.
Bis jetzt bin ich noch nicht wirklich herumgereist. Ich war ein paar Mal in Kopenhagen und werde demnächst mal Tagestrips in Angriff nehmen. Dafür plane ich momentan meine Reise nach Island. Die Tickets sind schon so gut wie gekauft, und im Januar geht‘s dann los in den noch kälteren Norden.
Dänische Kultur und Lebensweise
Gleichberechtigung in Dänemark ist ziemlich großgeschrieben. Die Dänen folgen der Philosophie des Jante-Gesetzes, welches aus zehn Geboten besteht (Abschnitt wurde aus Wikipedia entnommen, bitte nicht nachmachen):
“Dies ist das Gesetz von Jante
- Du sollst nicht glauben, dass du etwas Besonderes bist.
- Du sollst nicht glauben, dass du uns ebenbürtig bist.
- Du sollst nicht glauben, dass du klüger bist als wir.
- Du sollst dir nicht einbilden, dass du besser bist als wir.
- Du sollst nicht glauben, dass du mehr weißt als wir.
- Du sollst nicht glauben, dass du mehr wert bist als wir.
- Du sollst nicht glauben, dass du zu etwas taugst.
- Du sollst nicht über uns lachen.
- Du sollst nicht glauben, dass sich irgendjemand um dich kümmert.
- Du sollst nicht glauben, dass du uns etwas beibringen kannst.“
Dies spiegelt sich sehr stark in der Gesellschaft wieder. Man ist auf Augenhöhe mit seinen Mitmenschen, egal in welcher Beziehung man zu ihnen steht. Ob es der Hausarzt ist, der Dozent oder der Arbeitgeber, keiner fühlt sich seinem Mitmenschen überlegen. Dies ist etwas, an das ich mich erst gewöhnen musste. Es ist für mich sehr ungewöhnlich, dass mich mein Arzt oder Dozent bei meinem Vornamen anspricht, oder andersherum. Dies scheint aber hier die Norm zu sein. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich das erste Mal zum Arzt gehen musste hier in Dänemark und mich bei der Terminvergabe die Arzthelferin nach meinen Namen gefragt hatte. Ich habe ihr natürlich als erstes meinen Nachnamen genannt, doch den wollte sie nicht wissen. Sie wollte nur meinen Vornamen und meine CPR-Nummer erfahren. Für mich war das eine ganz neue Erfahrung.
Als ich hier ankam, habe ich keinen Kulturschock verspürt, aber es sind kleine unscheinbare Unterschiede, die mir mit der Zeit aufgefallen sind. In der Universität, in Museen oder anderen staatlichen Institutionen sind Unisex-Toiletten üblich. Für die einen mag es schockierend sein, ich finde die Idee jedoch irgendwie genial. Es sind wie kleine geschlossene Räume mit eigenen Waschbecken. Somit haben auch Väter die Chance auf Wickeltische für ihre Kinder. Womit ich zu meinem nächsten Punkt gelange; hier in Dänemark sieht man sehr, sehr viele junge Eltern, vor allem junge Väter alleine mit ihren Kindern spazieren. Viele Eltern lassen auch ihren Kinderwagen vor Geschäften stehen, während sie einkaufen sind. Dies beweist, wie sicher dieses Land ist. Dennoch würde ich mein Fahrrad abschließen, vor Fahrraddiebstahl ist niemand sicher.
Eine total banale Sache ist mir vor ein paar Woche aufgefallen, es hat mich wirklich sehr beschäftigt; es geht um Eistee. Es gibt so gut wie nur mit Süßstoff gesüßten Pfirsicheistee, keinen Zitroneneistee weit und breit. Als ich meine Mitbewohner in meinem Studentenwohnheim darauf ansprach, haben sie mich nur verwirrt angeschaut, als sei Zitroneneistee ein Sakrileg.
Bleiben wir beim Thema Essen und Trinken: Bis jetzt habe ich keine Bäckereien oder Metzger gesichtet, die nicht in einen Supermarkt eingebunden sind. Die einzigen eigenständigen Bäckereien, die ich gesichtet habe, waren in Kopenhagen. Im Vergleich zur “Brot- und Wurstnation” Deutschland ist das etwas schockierend. Mit unserer Brot- und Wurstauswahl kann Dänemark leider nicht mithalten.
Die Dänen und ihre Flagge
Ich weiß nicht, ob es ausschließlich was mit Patriotismus zu tun hat, aber die Dänen lieben ihre Flagge. An Geburtstagen oder anderen Feiertagen wird alles mit der dänischen Flagge geschmückt. Pappteller, Servietten oder Tischdecken; alles ist rot und weiß. Für mich etwas ungewöhnlich, aber hier scheint es die Norm zu sein. Es ist auch nicht ungewöhnlich, unter der Woche auszugehen. Manche Clubs und Bars sind auch unter der Woche geöffnet, haben Happy Hours und sind rappelvoll. Es ist wichtig zu erwähnen, dass es nicht nur Studenten sind, die unter der Woche feiern gehen. Dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Jedoch kann ich es mir nicht vorstellen, dass so etwas oft in Deutschland vorkommt.
Hygge, hygge, hygge!
Hygge ist für die Dänen sehr wichtig. Wenn es nicht hyggelig ist, dann macht es keinen Sinn. Hygge oder hyggelig beschreibt alles, was nett, gut und gemütlich ist. Es gibt oft Veranstaltungen, die dem hyggelig sein gewidmet sind. Gemütlichkeit und Wohlgefühl werden durch hyggelig beschrieben. Gemeinsam zusammensitzen, Kaffee trinken und Kekse essen ist hyggelig. Julestjerne (Weihnachtssterne) basteln ist hyggelig. Alles muss hyggelig sein.
Urlaub in Island
Ich wollte schon immer mal nach Island fliegen. Da ich ja ein Auslandssemester in Dänemark mache, kam mir das ganz gelegen. Geysire, Wasserfälle, Naturspektakel und Nordlichter standen auf dem Plan. Ich war sehr überrascht, wie günstig Flüge innerhalb Skandinaviens sind. Im November haben wir die Flüge nach Reykjavik gebucht. Keiner wusste so genau, worauf wir uns im Endeffekt eingelassen haben, wir wussten nur, dass es verdammt kalt sein wird. Die Reise an sich hat etwas länger gedauert als gedacht. Von Aarhus aus mussten wir erst einmal nach Kopenhagen fahren, mit dem Zug hat das dann circa drei Stunden gedauert. Wir mussten natürlich etwas früher am Flughafen sein. Der Flug nach Island hat selbst auch nochmal dreieinhalb Stunden gedauert. Vom Flughafen Keflavik in Reykjavik haben wir nochmal eine Stunde mit dem Auto bis zu unserem Hotel gebraucht. Im Ganzen waren wir schon zwölf Stunden unterwegs.
Im Januar gibt es nur vier Sonnenstunden in Island. Gegen 10.30 Uhr geht die Sonne auf und um 16.30 wieder unter. Das ist nicht besonders viel Zeit, um die Natur zu erkunden. Wir sind morgens immer aufgebrochen, bevor die Sonne aufging, um pünktlich vor Sonnenaufgang in den Naturparks zu sein. In der Dunkelheit sind wir dann immer zurückgefahren. Am ersten Abend konnten wir die Nordlichter beobachten. Mit dem bloßen Auge war es etwas schwer, sie zu sehen. Ein Fotograf hatte mit seiner Kamera spektakuläre Bilder aufgenommen, die das ganze Naturwunder aufnahmen. Wir waren in der Blauen Lagune, haben Wasserfälle und Geysire gesehen, sind durch einen Schneesturm gefahren und haben uns bei minus 18 Grad die Füße abgefroren. Island ist ein wunderschönes Land, das ich nur weiterempfehlen kann. Ich muss auf jeden Fall noch einmal in einem Sommer dorthin. Die Natur ist einfach nur unbeschreiblich!
Dominika, eine Freundin, die mit in Island war, hat einen Kurzfilm zu unserem Trip gemacht, den ihr bei YouTube könnt. anschauen