Workshop Frauenbriefe
Plaudereien über Plunder? Zwischen Selbstbehauptung und „mental load“ oder: Was Briefe von Frauen aus dem 18. und 19. Jahrhundert zeigen können
27.02.2024
Briefe sind ein Genre aus dem Zwischenreich: zwischen Kunst und Leben, Werk und Entwurf, zwischen den Lebensorten und den Zwischen-Zeiten, zwischen Lebenswirklichkeit und Lebenstraum, Ich und Du, dem Hier und Dort. Sie gedeihen, „wo etwas zur Disposition steht“ (Gert Mattenklott).
Briefe gelten daher als „kleine Künste“ (Hannelore Schlaffer) und sind wie gemacht für Frauen, die sich damit, quasi durch die Hintertür schlüpfend, eingeschrieben haben in die Tradition. Denn nur wenigen von ihnen war es vergönnt, ein „Werk“ hervorzubringen. Dafür hatten sie zu viele äußere und innere Beschränkungen – und andere Aufgaben, die wir heute mit dem Begriff „mental load“ belegen würden.
Wir wollen einen anderen Blick auf diese Briefe werfen und neue Fragen generieren. Gibt es überhaupt ein Genre typischer „Frauenbriefe“? Unterscheiden Sie sich in Bezug auf geschlechtsspezifische Alltagsthemen tatsächlich so stark von Männerbriefen (Tisch- und Bettzeug vs. Jagderlebnis und Gesundheit)? Könnte es beispielsweise sein, dass die Beschäftigung mit dem „Kleinkram des Lebens“ zunehmend auch eine Leere füllen musste, entstanden in der sich entwickelnden bürgerlichen Gesellschaft aufgrund fehlender gesellschaftlicher Teilhabe und Gestaltungsmacht der Frauen? Darüber hinaus waren die Schreiberinnen der Briefe meist Teil eines Paar-Teams; sie gestalteten minutiös bis ins Detail die Szene, auf der der mehr oder weniger erfolgreiche Gemahl auftrat, sie hielten ihm den „Rücken frei“ und den Alltag von ihm fern, was wiederum einen erheblichen mental load bedeutete. Dem widerspricht nicht, dass die Briefe der Frauen auch Formen der Reflexion sind und bisweilen Anteil haben am Gespräch über Philosophie, Politik, Kunst und Literatur, dass sie Mitteilung sind und Selbstentwürfe enthalten, mit denen ihre Schreiberinnen sich anzupassen suchten oder das Leiden an ihren Rollen artikulierten, aber auch bestehen wollten im rauen Klima gesellschaftlicher Konkurrenz und Repräsentation. Und sie weben weiter am historischen Muster der Gefühle und der Liebe.
Willkommen sind alle Beiträge, die sich diesen Aspekten widmen und bzw. oder neue hinzufügen. Die Beiträge sollen 30 Minuten Vortrag und 30 Minuten Diskussion umfassen. Bei Interesse der Teilnehmenden ist eine digitale Publikation im Open Access über TUPrints vorgesehen.
Bitte reichen Sie Ihren Beitrag bis zum 15.4.2024 mit Titel (max. 150 Zeichen inkl. Leerzeichen) und Abstract (max. 2000 Zeichen inkl. Leerzeichen) über das Formular ein. Die Benachrichtigung über die Annahme des Beitrags erfolgt bis zum 30.4.2024. Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch.
Für die Vortragenden werden Reisekosten (1 Übernachtung + Bahnfahrt 2. Klasse) übernommen. Bei Rückfragen wenden Sie sich gern an andrea.rapp[at]tu-darmstadt.de.