Marcel Frey-Endres

Projekt Humanist Computer Interaction auf dem Prüfstand

Humanist Computer Interaction auf dem Prüfstand

Dem gemeinsam durch die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), die Hochschule Mainz und die Technische Universität Darmstadt initiierte Projekt Humanist Computer Interaction auf dem Prüfstand kommt als einem der ersten geisteswissenschaftlichen Forschungs?anliegen im Rahmen der BMBF-Förderlinie Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung – VIP+ eine Vorreiterrolle zu.

Innovationsziel des Projekts ist die Analyse und Validierung der Potentiale von geisteswissenschaftlichen Nutzungsformen virtueller Forschungsumgebungen. Mittels einer Prozessanalyse der gemeinsamen Bearbeitung eines geisteswissenschaftlichen Forschungsfeldes mit digitalen Forschungsapplikationen sollen neuartige Anwendungsformen und Kollaborationsmo?delle identifiziert und deren Weiterentwicklung in Gang gesetzt werden. Dazu werden 19 internationale Forschungsgruppen an die verschiedenen digitalen Werkzeuge und Inhalte herangeführt und ihre konkreten Nutzungspraktiken und Forschungsprozesse innerhalb der virtuellen Forschungsumge?bung untersucht.

Diese Forschungsambition kommt in der Projektarchitektur durch drei eng miteinander verzahnte Kompo?nenten zum Ausdruck, die jeweils durch eine der beteiligten Hochschulen bearbeitet werden.

  • Der inhaltliche Teilbereich besteht in Forschungen zur Gesellschaft des ostgotischen Italien, insbesondere zu den Variae des spätantiken Politikers Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus Senator, einer Textsammlung, die für das Verständnis der politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen an der Schwelle von der Spätantike -zum Frühmittelalter von wesentlicher Bedeutung ist. Die insgesamt 12 Bücher der Variae sollen nach ihrer Lemmatisierung vollständig in TEI/XML-codierter Form in TextGrid eingearbeitet und anschließend von 19 internationalen Forschungsgruppen gemeinsam im Hinblick auf verschiedene Forschungsperspektiven digital untersucht werden. Verantwortlich für die Forschungskoordination und den historischen Dateninput ist der Arbeitsbereich Alte Geschichte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Prof. Dr. Marietta Horster) sowie unterstützend das Forschungsteam Computational Historical Semantics der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Prof. Dr. Bernhard Jussen).
  • Der analytische Teilbereich zur Validierung der digitalen geisteswissenschaftlichen Arbeitsprozesse besteht aus einem Methodenrepertoire aus dem Bereich der Nutzerforschung, welches im Rahmen von 16 Workshops mit 19 Internationalen Forschungsgruppen zum Einsatz kommen wird. Zur Untersuchung der Humanist Computer Interaction stehen verschiedene Instrumente des Usability- und Requirement-Engineering zur Verfügung. So werden je nach Bedarf im Rahmen des Vorhabens Methoden wie Nutzerbeobachtung, Digitale Tagebücher, Expertenbefragung, Bildschirmaufzeichnung, Eye-Tracking, (Retrospective-)Think-Aloud, Cognitive Walkthrough und weitere Instrumente zum Einsatz kommen. Die Studie soll nicht nur grundlegende Aufschlüsse über verschiedene Formen geisteswissenschaftlichen Arbeitens in virtuellen Forschungsumgebungen liefern, sondern auch innovatorische Potentiale digitaler Kollaborationen in den Geisteswissenschaften identifizieren. Die Untersuchung der digitalen geisteswissenschaftlichen Workflows wird durch die Professur für Wirtschaftsinformatik und Medienmanagement (Prof. Dr. Sven Pagel) am Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Mainz durchgeführt.

Das Projekt versteht sich als Beitrag zu einer Optimierung der Humanist Computer Interaction, von der geisteswissenschaftliche Arbeit in digitalen Forschungsumgebungen letztlich profitieren kann.