Neu an der TU: Professor Michael Schonhardt

2025/04/30

Seit April ist Michael Schonhardt neuer Juniorprofessor für „digitale Editorik und Kulturgeschichte des Mittelalters“ am Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft (Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften) in Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz. Die Professur dient der Zusammenarbeit der TU Darmstadt und der Mainzer Akademie auf dem Gebiet des Wissensmanagements und der KI-Anwendungen bei der Erschließung von Kulturgut sowie der Stärkung des Editionsprojekts „Burchards Dekret Digital“.

Das von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur betreute Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der einflussreichen Kirchenrechtssammlung des Bischofs Burchard von Worms (1000–1025), die zu den bedeutendsten kirchlichen Rechtsbüchern des Mittelalters zählt. Die Forscherinnen und Forscher erschließen die handschriftliche Überlieferung, erarbeiten erstmals eine belastbare, kritische Edition und sichten die weite Verbreitung sowie Rezeption des Decretum Burchardi.

Die Akademieprofessur zielt darauf ab, Künstliche Intelligenz innerhalb des Projekts in die Arbeitsprozesse der Edition mittelalterlicher Texte zu integrieren. Es werden neue Methoden mit den Technologien entworfen, die sowohl den editorischen Standards als auch den wissenschaftlichen Anforderungen bei der Arbeit mit historischen Daten gerecht werden.

Michael Schonhardt studierte von 2006 bis 2012 Geschichte und Politik sowie Mittelalter- und Renaissancestudien. Anschließend promovierte er im Fach Mittelalterliche Geschichte an der Universität Freiburg über das Thema „Mit Sphaera und Astrolab: Die Entdeckung der Natur in südostdeutschen Klöstern im Hohen Mittelalter“. Der 38-jährige Wissenschaftler war zuletzt an der Universität Kassel als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Digitales Edieren im Akademie-Projekt „Burchards Dekret Digital“ tätig.

Wir haben zum Start an der TU Darmstadt Professor Schonhardt ein paar Fragen gestellt:

Warum sollten Studierende sich für Ihre Themen interessieren? Was ist das Spannende an Ihren Themen?

Vom Rezept gegen Haarausfall aus einem Kloster über die rechtlichen Konsequenzen für betrunkene Priester bis hin zur Beschreibung der multikulturellen Gesellschaften im Heiligen Land: In mittelalterlichen Handschriften finden sich Überreste aus allen Lebenswelten jener Zeit – und sie bieten Anknüpfungspunkte für Studierende mit unterschiedlichsten Hintergründen und Interessen. Gleichzeitig eröffnet diese Auseinandersetzung die wichtige Einsicht, dass Gesellschaften immer auch anders funktionieren können als die eigene. Da wir uns dieser Themenfülle mit modernen digitalen Methoden nähern, richtet sich der wissenschaftliche Blick nicht nur zurück in die Vergangenheit, sondern auch nach vorn – auf aktuelle technologische Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz.

An der TU Darmstadt wird Interdisziplinarität großgeschrieben. Wo gibt es in Ihrem Arbeitsfeld Schnittstellen zu anderen Fachgebieten?

Editorik und Kulturgeschichte befasst sich mit Überresten der Vergangenheit aus allen Bereichen der Gesellschaft und vielen Kulturen – vom mittelalterlichen Kochrezept über medizinische Schriften bis hin zu Astronomie und Rechtstexten. Aus inhaltlicher Perspektive ergeben sich daher vielfältige interdisziplinäre Anknüpfungspunkte, auch zu Fachgebieten, bei denen man es auf den ersten Blick nicht vermuten würde. Gleichzeitig nähern wir uns den Quellen nicht nur mit klassischen Ansätzen, sondern sind immer auf der Suche nach neuen technischen Zugängen – von digitalen Methoden wie KI über Reproduktionstechnologien bis hin zu modernen Materialanalysen.

In welchen Fachbereich der TU würden Sie gerne mal einen Tag schnuppern? Warum?

Da ich erforsche, wie Menschen im Mittelalter ihre ‚Zukunftsthemen‘ adressiert haben, reizt mich besonders ein Blick in den Fachbereich 13 – Bau- und Umweltingenieurwissenschaften –, in dem Lösungen für zentrale Probleme unserer Zeit gesucht werden. Aber eigentlich finde ich in allen Fachbereichen Spannendes zu entdecken!

Wenn ich heute Student wäre, würde ich …

… bei allen ökonomischen und gesellschaftlichen Herausforderungen nicht den Mut verlieren, den Blick über den eigenen (wissenschaftlichen) Tellerrand wagen – und dem eigenen Bauchgefühl öfter vertrauen. Viele Wege führen nach Rom!

Der beste Ausgleich zu einem stressigen Arbeitstag ist …

… hacken, grubbern, pflanzen, gießen und dem Gemüse im Garten beim Wachsen zuschauen – weit weg von Bildschirm, Maus und Tastatur.

pb/Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz