Humanist Computer Interaction auf dem Prüfstand
Dem gemeinsam durch die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), die Hochschule Mainz und die Technische Universität Darmstadt initiierte Projekt Humanist Computer Interaction auf dem Prüfstand kommt als einem der ersten geisteswissenschaftlichen Forschungs?anliegen im Rahmen der BMBF-Förderlinie eine Vorreiterrolle zu. Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung – VIP+
Innovationsziel des Projekts ist die Analyse und Validierung der Potentiale von geisteswissenschaftlichen Nutzungsformen virtueller Forschungsumgebungen. Mittels einer Prozessanalyse der gemeinsamen Bearbeitung eines geisteswissenschaftlichen Forschungsfeldes mit digitalen Forschungsapplikationen sollen neuartige Anwendungsformen und Kollaborationsmo?delle identifiziert und deren Weiterentwicklung in Gang gesetzt werden. Dazu werden 19 internationale Forschungsgruppen an die verschiedenen digitalen Werkzeuge und Inhalte herangeführt und ihre konkreten Nutzungspraktiken und Forschungsprozesse innerhalb der virtuellen Forschungsumge?bung untersucht.
Diese Forschungsambition kommt in der Projektarchitektur durch drei eng miteinander verzahnte Kompo?nenten zum Ausdruck, die jeweils durch eine der beteiligten Hochschulen bearbeitet werden.
- Den informationstechnischen Teilbereich bildet die virtuelle Forschungsumgebung TextGrid. Diese unter Beteiligung der TU Darmstadt ebenfalls in einem BMBF-Verbundprojekt entwickelte Software vereint verschiedene Werkzeuge zur digitalen Textanalyse mit einer interaktiven Plattform zur gemeinsamen Bearbeitung von geisteswissenschaftlichen Forschungsprojekten. Durch ihre modulare Struktur aus Werkzeugen für das digitale Edieren und die Textanalyse (TextGrid-Lab) sowie einem Open Access-Forschungsdatenrepositorium (TextGrid-Repository) zur Speicherung und Recherche bereits erschlossener Projektbestände fungiert sie zugleich als digitales Labor und virtuelles Archiv. Neben TextGrid werden weitere Werkzeuge und Dienste aus dem Spektrum der digitalen Forschungsinfrastruktur zum Einsatz kommen. Betreut wird die gemeinsame Forschungsplattform vom DARIAH-DE – Digital Research Infrastructure for the Arts and Humanities der TU Darmstadt in Kooperation mit der Fachgebiet Germanistik – Computerphilologie und Mediävistik (Prof. Dr. Andrea Rapp)). Digitalen Akademie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz (Prof. Torsten Schrade
- Der inhaltliche Teilbereich besteht in Forschungen zur Gesellschaft des ostgotischen Italien, insbesondere zu den Variae des spätantiken Politikers Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus Senator, einer Textsammlung, die für das Verständnis der politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen an der Schwelle von der Spätantike -zum Frühmittelalter von wesentlicher Bedeutung ist. Die insgesamt 12 Bücher der Variae sollen nach ihrer Lemmatisierung vollständig in TEI/XML-codierter Form in TextGrid eingearbeitet und anschließend von 19 internationalen Forschungsgruppen gemeinsam im Hinblick auf verschiedene Forschungsperspektiven digital untersucht werden. Verantwortlich für die Forschungskoordination und den historischen Dateninput ist der Arbeitsbereich Alte Geschichte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Prof. Dr. Marietta Horster) sowie unterstützend das Forschungsteam Computational Historical Semantics der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Prof. Dr. Bernhard Jussen).
- Der analytische Teilbereich zur Validierung der digitalen geisteswissenschaftlichen Arbeitsprozesse besteht aus einem Methodenrepertoire aus dem Bereich der Nutzerforschung, welches im Rahmen von 16 Workshops mit 19 Internationalen Forschungsgruppen zum Einsatz kommen wird. Zur Untersuchung der Humanist Computer Interaction stehen verschiedene Instrumente des Usability- und Requirement-Engineering zur Verfügung. So werden je nach Bedarf im Rahmen des Vorhabens Methoden wie Nutzerbeobachtung, Digitale Tagebücher, Expertenbefragung, Bildschirmaufzeichnung, Eye-Tracking, (Retrospective-)Think-Aloud, Cognitive Walkthrough und weitere Instrumente zum Einsatz kommen. Die Studie soll nicht nur grundlegende Aufschlüsse über verschiedene Formen geisteswissenschaftlichen Arbeitens in virtuellen Forschungsumgebungen liefern, sondern auch innovatorische Potentiale digitaler Kollaborationen in den Geisteswissenschaften identifizieren. Die Untersuchung der digitalen geisteswissenschaftlichen Workflows wird durch die am Professur für Wirtschaftsinformatik und Medienmanagement (Prof. Dr. Sven Pagel) durchgeführt. Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Mainz
- Um bereits während der Validierung die Verwertungs- bzw. Anwendungsorientierung zu verankern und den Validierungserfolg im Anschluss an das Vorhaben zu sichern, stehen dem Projekt drei Innovationsmentoren sowie ein wissenschaftlicher Beirat unterstützend zur Seite. Als Innovationsmentoren wurden ausgewiesene Experten aus den Fachgebieten Innovationsmanagement (, Prof. Dr. Christian Zabel), Informatik ( Technische Hochschule Köln, Dr. Rainer Stotzka) und Bibliothekswissenschaft ( Karlsruher Institut für Technologie KIT, Prof. Dr. Heike Neuroth) ausgewählt, deren kritisches Feedback in das Projektkonzept einfließen wird. Der wissenschaftliche Beirat, welcher die Erträge der Arbeitspakete und Meilensteine evaluieren und so das Qualitätsmanagement unterstützen wird, besteht aus Hochschule Potsdam ( Prof. Dr. Kai-Christian Bruhn) und mainzed ( Prof. Dr. Bernhard Jussen). Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt
Das Projekt versteht sich als Beitrag zu einer Optimierung der Humanist Computer Interaction, von der geisteswissenschaftliche Arbeit in digitalen Forschungsumgebungen letztlich profitieren kann.